Der Nutri-Score soll uns Verbraucher*innen im Supermarkt dabei helfen, gesunde und ungesunde Lebensmittel (und die, die irgendwo dazwischen liegen) auf einen Blick zu erkennen und uns – im Idealfall – die Entscheidung für eine gesündere Ernährung erleichtern. Die Idee klingt gut, aber ist sie das auch? Wir haben uns den Nutri-Score mal näher angeschaut und die interessantesten Informationen für dich zusammengestellt.
Was ist der Nutri-Score?
Der Nutri-Score ist im Prinzip sowas wie eine Lebensmittelampel – allerdings mit 5 statt 3 Farben: Vom quietschgrünen (und somit als sehr gesund bewerteten) A bis zum dunkelroten (ungesunden) E helfen uns eine einfache Farbskala gemeinsam mit den Buchstaben A bis E, die an amerikanische Schulnoten erinnern, dabei, gesund und ungesund sowie “das dazwischen” zu erkennen. So weit, so gut.
Woraus setzt sich der Nutri-Score zusammen?
Nun wird es schon etwas komplizierter:
Der Nutri-Score kombiniert gleich mehrere Faktoren miteinander, um einen Gesamteindruck des Nährwerts eines Lebensmittels zu bekommen. Diese Faktoren sind:
- der Ballaststoffgehalt
- der Eiweißgehalt
- der Gehalt an Gemüse, Obst, Nüssen, Hülsenfrüchten und “ausgewählten Speiseölen”
- der Kaloriengehalt
- der Anteil gesättigter Fettsäuren
- der Salzgehalt
- und der Zuckergehalt.
Ein kleines Problem an dieser Stelle: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft führt diese Faktoren nur als “Beispiele” für Faktoren auf, die mit in den Nutri-Score einfließen. Und die “ausgewählten Speiseöle” werden auch nicht näher benannt. Mehr Transparenz wäre an dieser Stelle wünschenswert.
Ist die Angabe verpflichtend?
Nein, das Aufbringen des Nutri-Scores ist nicht verpflichtend.
Die Nährwerttabelle ist eine Pflichtangabe, ebenfalls die Angabe der Allergene. Außerdem ist ja das Bio-Siegel bei Lebensmitteln aus biologischer Herstellung Pflicht – kein Hersteller darf ein Lebensmittel mit “Bio” bewerben, wenn es nicht mindestens die EU-Vorgaben für Bio-Produkte erfüllt.
Aber nicht jeder Hersteller darf einfach kommentarlos das Nutri-Score-Logo auf seinen Produkten anbringen. Dazu muss der Hersteller sich und seine Lebensmittel-Marke zunächst registrieren und hat dann 24 Monate Zeit, all seine Produkte mit dem Nutri-Score auszustatten. Wenn er mehr als 2.000 Produkte im Programm hat, wird diese Frist verlängert.
Wozu ist die Ampel gut?
Die Nutri-Score-Ampel eignet sich hervorragend, um Lebensmittel der gleichen Art miteinander zu vergleichen. Stell dir vor, du stehst vor dem Regal mit den Müsliriegeln und fragst dich, welcher nun wirklich gut für dich ist. Anhand der Skala siehst du auf einen Blick, ob Marke A oder Marke B den ausgeglicheneren Nährstoffgehalt hat, ohne selbst aktiv die Inhaltsstoffe vergleichen zu müssen. Jedenfalls wenn Marke A und Marke B beide entschieden haben, den Score auf ihren Produkten anzubringen.
Aber: Wie so oft macht die Menge das Gift. Eine grüne A-Kennzeichnung eines Lebensmittels, bleiben wir beim Müsliriegel, heißt nicht, dass du dich nur noch von diesem Müsliriegel ernähren bräuchtest, um dich gesund und wohl zu fühlen. Und 10 Müsliriegel an einem Tag statt einer Tafel Schokolade sind sicherlich auch nicht Sinn der Sache.
Die Skala ist also eine schnelle Entscheidungs- und Einkaufshilfe, wenn man sich zwischen zwei Marken entscheiden möchte. Aber…
Kritik am Nutri-Score
Es gibt verschiedene Kritikpunkte, die den Nutri-Score so, wie er jetzt gerade gestaltet ist, betreffen.
Beispielsweise verlinkt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zwar zu einer Studie des Max Rubner-Instituts, aber im Vorfeld zur Einführung des Scores gab es ganz schön viel Wirbel um eben diesen Link – das Ministerium hatte sie laut Foodwatch nicht im Original, sondern in veränderter Form hochgeladen. Mittlerweile ist das Original aber online und besagt, dass der Nutri-Score durchaus eine sinnvolle Kennzeichnung ist, erkennt aber auch seine Einschränkungen.
Kritisiert werden in dieser Studie, aber auch von der Verbraucherzentrale, dem Bundesverband Naturkost Naturwaren und dem Lebensmittelverband Deutschland beispielsweise folgende Punkte:
- die Kennzeichnung ist, wie oben bereits erwähnt, nicht verpflichtend
- Zusatz- und Ersatzstoffe sollten besser in den Algorithmus einbezogen werden
- noch ist die Kennzeichnung kein europäisches System
- die Wichtigkeit von Hülsenfrüchten in einer nachhaltigen Ernährung sollte noch stärker beachtet werden
- der Nutri-Score sagt noch nichts über die Qualität der verwendeten Inhaltsstoffe aus
- spezifische Bevölkerungsgruppen werden nicht richtig berücksichtigt, weil beispielsweise von einem Energiebedarf von 2000 kcal ausgegangen wird – das passt für Produkte, die für Kinder gedacht sind, natürlich nicht
- die Bewertung erfolgt nicht auf Basis des verzehrfertigen Produkts und der vom Hersteller empfohlenen Zubereitungsart, sondern auf Basis des Produkts im Kaufzustand
Die gesamte Liste der Kritikpunkte ist natürlich noch etwas länger, aber diese verkürzte Version gibt dir einen guten Überblick darüber, welche Punkte am Nutri-Score noch nicht so ganz stimmig sind.
Unser persönliches Fazit
Trotz der Kritikpunkte, die natürlich sehr berechtigt und nachvollziehbar sind, finden wir den Nutri-Score gut! Er ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn wir müssen uns mehr, achtsamer und bewusster mit unserer Ernährung auseinandersetzen. Je besser wir über unsere Lebensmittel Bescheid wissen, desto besser ist das auch für uns, unsere Körper, unsere Psyche und im Endeffekt hoffentlich auch für unsere Umwelt.
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